Home Interviews Interview mit Rechtsanwalt Iwanow: „Gefälschte BaFin-Schreiben sind besonders perfide – der Fall Anexo zeigt neue Eskalationsstufe“
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Interview mit Rechtsanwalt Iwanow: „Gefälschte BaFin-Schreiben sind besonders perfide – der Fall Anexo zeigt neue Eskalationsstufe“

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Frage: Herr Iwanow, die BaFin warnt aktuell vor einer angeblichen Stiftung, die gefälschte Schreiben der BaFin per WhatsApp verbreitet. Was steckt dahinter?

Rechtsanwalt Iwanow: Die BaFin spricht hier von einem besonders gefährlichen Fall von Täuschung im Zusammenhang mit Kryptowert-Anlagen. Es geht um ein angebliches Schreiben der BaFin, das Anleger unter Druck setzen soll, Zahlungen im Rahmen eines Initial Exchange Offerings (IEO) über eine Plattform namens Anexo-Ex zu leisten. In Wahrheit handelt es sich um eine Fälschung – die BaFin hat ein solches Schreiben niemals versendet. Das ist nicht nur irreführend, sondern möglicherweise auch strafbar als Urkundenfälschung oder Betrug.

Frage: Wer steckt laut BaFin hinter dieser Aktion?

Rechtsanwalt Iwanow: Die Initiatoren treten unter mehreren Namen auf: Anexo Capital Concepts, Anexo-Ex, Anexocc-Ex – und operieren über die Domain pc.anexocc.com. Darüber hinaus steht die sogenannte ZukunftsFinanz Stiftung, vertreten durch einen angeblichen Dr. Max Becker, im Fokus. Diese Stiftung soll über WhatsApp-Gruppen gezielt Anlageempfehlungen und Zahlungsaufforderungen verbreiten. Auch das ist höchst zweifelhaft.

Frage: Wieso sind solche gefälschten BaFin-Schreiben besonders gefährlich?

Rechtsanwalt Iwanow: Sie verleihen einem betrügerischen Vorhaben eine behördliche Glaubwürdigkeit. Anleger sehen das offizielle Logo der BaFin, lesen von Zahlungsfristen oder angeblichen Rückforderungen – und gehen davon aus, dass es sich um einen rechtsstaatlichen Vorgang handelt. In Wahrheit soll damit Druck aufgebaut werden, um weitere Gelder zu ergaunern. Das ist eine neue Qualität des Anlagebetrugs.

Frage: Welche rechtlichen Verstöße liegen hier Ihrer Einschätzung nach vor?

Rechtsanwalt Iwanow: Mehrere. Zum einen liegt ein klarer Verstoß gegen § 37 Abs. 4 Kreditwesengesetz vor, weil ohne Erlaubnis Bank- und Finanzdienstleistungen angeboten werden. Zum anderen könnte man hier auch über Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und Betrug (§ 263 StGB) sprechen – insbesondere wenn das gefälschte BaFin-Schreiben genutzt wird, um Vermögenswerte zu erlangen. Auch der Missbrauch des Namens einer Behörde ist strafbar.

Frage: Was sollten betroffene Anleger oder Empfänger solcher Nachrichten tun?

Rechtsanwalt Iwanow:

  1. Niemals zahlen, wenn ein angebliches BaFin-Schreiben über WhatsApp oder E-Mail kommt. Die BaFin kommuniziert grundsätzlich nicht auf diesem Weg mit Verbrauchern.

  2. Beweise sichern: Screenshots, Absendernummern, Dateianhänge.

  3. Unverzüglich Anzeige erstatten bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft.

  4. Die BaFin informieren, insbesondere wenn weitere Gruppen oder Nachrichten bekannt werden.

  5. Bei bereits getätigten Zahlungen: juristische Hilfe einholen, um Möglichkeiten der Rückholung oder Schadensbegrenzung zu prüfen.

Frage: Wie kann man sich generell vor solchen Betrügereien schützen?

Rechtsanwalt Iwanow: Vertrauen Sie keinem Finanzangebot aus WhatsApp-Gruppen oder Telegram-Chats. Seriöse Anbieter nutzen niemals Messenger-Dienste zur Kundenakquise. Und: Die BaFin verschickt keine Zahlungsaufforderungen – das ist ein sicheres Warnsignal. Im Zweifel sollte man bei der BaFin selbst nachfragen oder rechtlichen Rat einholen.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Iwanow.

Rechtsanwalt Iwanow: Sehr gerne. Solche Fälle zeigen, wie wichtig digitale Wachsamkeit und juristische Aufklärung geworden sind.

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