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„BaFin warnt vor KI-Investmentplattformen – Rechtsanwalt Högel klärt auf“

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Frage: Herr Dr. Högel, die BaFin warnt aktuell vor über 200 nahezu identischen Websites, die automatisierten Handel mit Finanzinstrumenten unter Einsatz künstlicher Intelligenz bewerben. Was steckt aus Ihrer Sicht dahinter?

Dr. Högel: Die Warnung der BaFin ist sehr ernst zu nehmen. Sie zeigt ein Muster betrügerischer Strukturen, bei denen Anbieter ohne Zulassung vermeintliche KI-gesteuerte Finanzdienstleistungen bewerben. In Wahrheit geht es in vielen Fällen schlicht darum, Anleger zu täuschen und um ihr Geld zu bringen. Die Tatsache, dass es über 200 nahezu identische Websites gibt, legt nahe, dass ein gut organisiertes Netzwerk dahintersteht.

Frage: Woran erkennen Verbraucher solche unseriösen Plattformen?

Dr. Högel: Es gibt mehrere Warnzeichen: Die Seiten werben aggressiv mit schnellen Gewinnen, oft ab einem geringen Einstiegskapital von 250 Euro. Sie nutzen das Schlagwort „künstliche Intelligenz“, ohne konkret zu erklären, wie diese eingesetzt wird. Hinzu kommt: Es fehlt ein Impressum, es gibt keine transparente Unternehmensstruktur, und die Anbieter sind in der Unternehmensdatenbank der BaFin nicht registriert. Das alles sind massive rote Flaggen.

Frage: Die Websites geben oft vor, mit namhaften Institutionen wie der Deutschen Bank oder der Bundesbank zu kooperieren. Was sagt das über deren Seriosität aus?

Dr. Högel: Das ist besonders perfide. Hier werden gezielt bekannte Logos verwendet, um Vertrauen zu erwecken. Die BaFin hat ganz klar festgestellt: Weder das Bundesministerium der Finanzen noch die Bundesbank oder andere genannte Institutionen stehen in irgendeiner Beziehung zu diesen Betreibern. Diese Art von Täuschung erfüllt aus meiner Sicht strafrechtlich relevante Tatbestände, etwa Betrug oder Markenrechtsverletzung.

Frage: Welche rechtlichen Konsequenzen drohen den Betreibern solcher Plattformen?

Dr. Högel: Sollten die Betreiber ermittelt werden – was bei internationalen Konstruktionen oft schwierig ist – drohen strafrechtliche Verfahren wegen unerlaubter Finanzdienstleistungen (§ 54 KWG), Betrug (§ 263 StGB) und Verstößen gegen das Markenrecht. Zivilrechtlich könnten sie auch auf Schadenersatz verklagt werden. Die Praxis zeigt jedoch: Das Geld der Geschädigten ist oft schon über verschachtelte Transaktionen und Kryptowährungen verschwunden.

Frage: Was raten Sie Anlegerinnen und Anlegern, die bereits Geld auf einer solchen Plattform investiert haben?

Dr. Högel: Sofort handeln: Zahlungen stoppen, Kontoauszüge sichern, Screenshots der Website machen. Dann sollte umgehend Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft erstattet und die BaFin informiert werden. Auch eine rechtliche Beratung ist sinnvoll, um mögliche Rückforderungsansprüche zu prüfen – insbesondere bei Kreditkartenzahlungen oder Überweisungen ins Ausland.

Frage: Glauben Sie, dass diese Art von Plattformen weiter zunehmen wird?

Dr. Högel: Leider ja. KI ist ein Trendbegriff, der sich gut vermarkten lässt. Solange Anleger auf hohe Renditeversprechen hereinfallen und regulatorische Grauzonen bestehen, werden solche Angebote immer wieder auftauchen. Umso wichtiger ist Aufklärung – und das leistet die aktuelle BaFin-Meldung in vorbildlicher Weise.

Frage: Vielen Dank, Herr Dr. Högel, für diese Einschätzungen.

Dr. Högel: Sehr gerne. Bleiben Sie wachsam.

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