Nicht börsennotierte Kapitalanlagen wie Genussrechte, stille Beteiligungen oder Nachrangdarlehen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Sie versprechen attraktive Renditen, sind aber oft mit hohen Risiken verbunden. Besonders problematisch wird es, wenn Anleger sich der möglichen Verluste bis hin zum Totalverlust nicht bewusst sind.
Zu diesem Thema haben wir mit Rechtsanwalt Michael Iwanow aus Dresden gesprochen, der auf Kapitalanlagerecht spezialisiert ist.
Fragwürdige Investmentangebote?
Frage: Herr Iwanow, viele Unternehmen bieten Genussrechte, stille Beteiligungen oder Nachrangdarlehen an – von Hotels in Sri Lanka über Filmproduktionen bis hin zu landwirtschaftlichen Projekten. Was halten Sie von solchen Investments?
Michael Iwanow: Grundsätzlich gilt: Je höher die versprochene Rendite, desto höher das Risiko. Viele Anleger lassen sich von attraktiven Zinssätzen oder Gewinnbeteiligungen blenden und übersehen, dass solche Anlagen oft nur für sehr risikobewusste Investoren geeignet sind.
Genussrechte oder stille Beteiligungen bedeuten, dass Anleger unternehmerisches Risiko tragen. Das heißt: Geht das Unternehmen in die Insolvenz, kann das gesamte Kapital verloren sein.
Welche Risiken bestehen konkret?
Frage: Welche besonderen Risiken sehen Sie bei solchen Beteiligungsmodellen?
Iwanow: Hier sind einige der häufigsten Probleme:
📌 Keine Börsennotierung – Die Anteile lassen sich nicht einfach verkaufen. Anleger sind auf private Käufer oder Unternehmensrückkäufe angewiesen.
📌 Keine feste Rückzahlung – Bei Genussrechten oder stillen Beteiligungen gibt es keinen garantierten Rückzahlungsanspruch. Die Rückzahlung erfolgt nur, wenn das Unternehmen erfolgreich wirtschaftet.
📌 Hohe Abhängigkeit vom Unternehmen – Wenn das Geschäftsmodell nicht aufgeht oder das Unternehmen falsche Entscheidungen trifft, können Anleger ihr gesamtes Kapital verlieren.
📌 Nachrangigkeit – Viele dieser Beteiligungsformen, insbesondere Nachrangdarlehen, werden im Insolvenzfall erst nach allen anderen Gläubigern bedient – das bedeutet oft: Totalverlust.
Wie können Anleger sich schützen?
Frage: Was sollten Anleger beachten, bevor sie in solche Investments einsteigen?
Iwanow: Eine gründliche Prüfung ist unerlässlich. Anleger sollten sich folgende Fragen stellen:
✅ Wer steckt hinter dem Unternehmen? Gibt es eine erfahrene Geschäftsführung oder ist das Unternehmen erst neu gegründet?
✅ Gibt es transparente Finanzberichte? Ohne geprüfte Jahresabschlüsse oder Geschäftszahlen ist es schwer einzuschätzen, ob ein Investment seriös ist.
✅ Sind die Risiken klar dargestellt? Viele Anbieter werben mit Renditen, ohne die Verlustrisiken deutlich genug zu kommunizieren.
✅ Gibt es Sicherheiten? Einige Angebote werben mit grundbuchbesicherten Darlehen – aber wie werthaltig sind die hinterlegten Immobilien wirklich?
✅ Gibt es Alternativen? Manchmal ist es sinnvoller, in börsennotierte Unternehmen oder Fonds zu investieren, anstatt in hochspekulative Einzelprojekte.
Fazit: „Vorsicht ist besser als Nachsicht“
Frage: Ihr Fazit – sollten Anleger in solche Modelle investieren?
Iwanow: Wer sich bewusst ist, dass es sich um Hochrisiko-Investments handelt, kann solche Anlagen als kleine Beimischung in sein Portfolio aufnehmen. Wer jedoch auf Sicherheit und garantierte Rückzahlungen angewiesen ist, sollte die Finger davon lassen.
Mein Rat: Nur Geld investieren, das man im schlimmsten Fall komplett verlieren kann – und vorab eine juristische oder finanzielle Beratung einholen.
Frage: Vielen Dank für das Gespräch!
Iwanow: Sehr gern!
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