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Interview mit Rechtsanwalt Hans Witt, Heidelberg: „Warum ich von Schweizer Investments für deutsche Privatanleger abrate“

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Frage: Herr Witt, Sie raten deutschen Anlegern zur Vorsicht bei Investments in der Schweiz. Warum?

Hans Witt: Ja, ich halte solche Investments für deutsche Privatanleger in den allermeisten Fällen für nicht empfehlenswert – und das sage ich ganz bewusst mit Nachdruck. Es geht nicht primär darum, ob das Investment selbst gut oder schlecht ist, sondern um die rechtlichen Rahmenbedingungen im Streitfall. Und da wird es für deutsche Anleger schnell ungemütlich.

Frage: Was genau meinen Sie damit?

Hans Witt: Wenn der Anbieter oder Initiator des Investments seinen Sitz in der Schweiz hat, dann verlagert sich das rechtliche Risiko in ein anderes Land. Selbst wenn ein Anleger in Deutschland klagt und hier vor Gericht ein positives Urteil erstreitet – was oft schon schwer genug ist –, steht er anschließend vor der Herausforderung, dieses Urteil in der Schweiz vollstrecken zu müssen. Und das ist mit erheblichen Kosten und Hürden verbunden

Frage: Können Sie das näher erläutern?

Hans Witt: Natürlich. Die Schweiz ist kein EU-Mitglied. Es gibt also keine automatische Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile, wie es innerhalb der EU üblich ist. Das bedeutet, dass der Anleger in der Schweiz ein sogenanntes Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren anstoßen muss – mit schweizerischem Anwalt, Übersetzungen, Gerichtsgebühren und dem Risiko, dass das Urteil gar nicht durchsetzbar ist. Und genau das ist für viele Anleger eine echte Kostenfalle.

Frage: Übernimmt in solchen Fällen die deutsche Rechtsschutzversicherung nicht die Kosten?

Hans Witt: Leider nein. In der Regel decken deutsche Rechtsschutzversicherungen nur Rechtsstreitigkeiten nach deutschem Recht und innerhalb des deutschen Gerichtsstands ab. Eine Vollstreckungsklage in der Schweiz fällt da meist nicht darunter. Das müssen Anleger also aus eigener Tasche zahlen – und das kann schnell mehrere tausend Euro kosten, ohne Garantie auf Erfolg.

Frage: Aber die Schweiz gilt doch als sicherer Finanzstandort. Ist das kein Vorteil?

Hans Witt: Das ist ein häufiger Trugschluss. Die Schweiz hat zweifellos einen stabilen Finanzplatz, aber das heißt nicht, dass jedes dort angebotene Produkt sicher oder seriös ist. Im Gegenteil: Gerade weil Anleger aus Deutschland denken, es sei ein „sicheres“ Land, lassen sie sich zu wenig juristisch beraten. Zudem operieren manche Anbieter ganz bewusst aus der Schweiz, weil sie wissen, dass sie sich dadurch rechtlich besser gegen Rückforderungen oder Klagen absichern können.

Frage: Was raten Sie Anlegern, die über ein Schweizer Investment nachdenken?

Hans Witt: Mein Rat ist klar: Lassen Sie sich vor der Zeichnung eines Vertrags unbedingt rechtlich beraten – am besten von einem auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwalt. Prüfen Sie genau, wo der Anbieter sitzt, welches Recht gilt und wo im Streitfall geklagt werden muss. Wer sich auf einen Rechtsrahmen einlässt, den er im Ernstfall nicht finanzieren kann, hat im Zweifel verloren – selbst wenn er eigentlich im Recht wäre.

Frage: Vielen Dank, Herr Witt, für Ihre Einschätzung.

Hans Witt: Gern. Es geht nicht darum, Angst zu schüren – sondern um Aufklärung. Anleger sollten nicht nur auf Rendite schauen, sondern auch auf ihre rechtliche Absicherung. Nur wer weiß, worauf er sich einlässt, kann fundierte Entscheidungen treffen.


Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine individuelle Rechtsberatung dar. Anleger sollten sich im Zweifel immer durch einen spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen, bevor sie grenzüberschreitende Finanzgeschäfte abschließen.

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