Die Finanzaufsicht BaFin hat kürzlich einen schwerwiegenden Fehler im IFRS-Konzernabschluss der Meta Wolf AG festgestellt. Dieser Fehler betrifft unter anderem die fehlerhafte Ausweisung von Umsatzerlösen und Materialaufwendungen sowie eine unzureichende Darstellung von Risiken im Lagebericht. Wir haben mit Rechtsanwalt Micha Iwanov, einem Experten für Kapitalmarktrecht aus Dresden, gesprochen, um die Auswirkungen dieser Entdeckung und die rechtlichen Konsequenzen zu beleuchten.
Redaktion: Herr Iwanov, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Die BaFin hat kürzlich die Meta Wolf AG aufgrund von Fehlern im Konzernabschluss zum 31. Dezember 2022 kritisiert. Können Sie uns zunächst erklären, was genau diese Fehler in den Finanzunterlagen des Unternehmens aus rechtlicher Sicht bedeuten?
Micha Iwanov: Der Fehler in der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ist tatsächlich von großer Bedeutung. Die Meta Wolf AG hat Umsatzerlöse ausgewiesen, die ihr als Agentin nicht zustanden. Das bedeutet, dass sie Einnahmen aus Transaktionen angegeben hat, die sie lediglich vermittelt hat, anstatt nur die Provision, die sie als Agentin verdient hat, als Umsatz auszuweisen. Diese falsche Darstellung des Umsatzes verzerrt nicht nur das Ergebnis, sondern könnte auch die Wahrnehmung von Anlegern und anderen Marktteilnehmern über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens verfälschen.
Darüber hinaus hat die Meta Wolf AG in ihrer GuV Kosten im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung als „sonstige betriebliche Aufwendungen“ angegeben. Nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) wären diese Kosten jedoch direkt vom Eigenkapital abzuziehen, was eine völlig andere Darstellung der finanziellen Situation bedeutet.
Redaktion: Welche rechtlichen Folgen hat diese fehlerhafte Rechnungslegung für die Meta Wolf AG und ihre Verantwortlichen?
Micha Iwanov: Die BaFin hat mit ihrer Bekanntmachung dem Kapitalmarkt signalisiert, dass die Meta Wolf AG in ihrer Rechnungslegung nicht den internationalen Standards entsprochen hat. Das hat nicht nur Auswirkungen auf das Vertrauen der Investoren, sondern könnte auch rechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen im Unternehmen nach sich ziehen. In Deutschland ist die fehlerhafte Erstellung von Jahresabschlüssen nach § 331 HGB strafbar, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt. Zudem könnten Anleger, die aufgrund dieser fehlerhaften Informationen investiert haben, Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen geltend machen, sofern sie durch die falsche Darstellung finanziellen Schaden erlitten haben.
Die BaFin selbst hat auch die Möglichkeit, auf Grundlage dieser fehlerhaften Rechnungslegung Maßnahmen gegen die Meta Wolf AG zu ergreifen. Sie könnte, im Extremfall, ein Bußgeld verhängen oder weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen anordnen. Zudem könnten die Aktionäre und Investoren in einer Hauptversammlung oder durch Klage Schadensersatzforderungen geltend machen.
Redaktion: In Ihrer Antwort sprechen Sie von Schadensersatzansprüchen. Könnten betroffene Anleger also rechtlich gegen die Meta Wolf AG vorgehen?
Micha Iwanov: Ja, in der Tat. Anleger, die aufgrund der fehlerhaften Informationen in den Finanzberichten der Meta Wolf AG investiert haben und dadurch Verluste erlitten haben, könnten durchaus Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen geltend machen. Insbesondere in Fällen, in denen eine fehlerhafte Rechnungslegung zu einer falschen Einschätzung des Unternehmenswertes geführt hat, könnte eine Klage erfolgreich sein. Die Anleger müssten nachweisen, dass sie durch die fehlerhaften Angaben in den Bilanzen geschädigt wurden.
Es gibt in solchen Fällen auch die Möglichkeit, dass institutionelle Anleger, wie etwa Fonds oder Pensionskassen, zusammenklagen und sich zu einer Sammelklage zusammenschließen. Der rechtliche Rahmen für solche Klagen wurde in den letzten Jahren zunehmend gestärkt, besonders im Hinblick auf den Schutz der Interessen von Kapitalmarktteilnehmern.
Redaktion: Die BaFin spricht in ihrer Mitteilung von einer „nicht vollständigen Darstellung“ der Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen im Konzernanhang und von einer unzureichenden Risikoaufklärung im Lagebericht. Was bedeutet das aus rechtlicher Sicht?
Micha Iwanov: Die nicht vollständige Darstellung von Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die IFRS-Vorgaben. Unternehmen müssen in ihrem Konzernanhang alle relevanten Verhältnisse zu verbundenen Unternehmen und nahestehenden Personen vollständig und transparent offenlegen. Wenn diese Informationen fehlen oder unvollständig sind, wird das Vertrauen der Investoren und Marktteilnehmer in die Transparenz des Unternehmens und die Richtigkeit seiner Finanzen erheblich beeinträchtigt.
Was den Lagebericht betrifft, so ist es von besonderer Bedeutung, dass Unternehmen nicht nur Risiken benennen, sondern auch deren potenzielle Auswirkungen auf die zukünftige Geschäftsentwicklung darlegen. Eine solche unzureichende Risikoaufklärung könnte dazu führen, dass Anleger nicht über die wahren Risiken des Unternehmens informiert sind. Auch hier drohen Haftungsansprüche, falls Anleger durch die unzureichende Offenlegung falsch informiert wurden.
Redaktion: Die BaFin hat die Meta Wolf AG zur Stellungnahme aufgefordert und wird die weiteren Entwicklungen verfolgen. Was ist aus Ihrer Sicht zu erwarten? Gibt es noch weitere Schritte, die die BaFin unternehmen könnte?
Micha Iwanov: Es wird spannend zu beobachten sein, wie die Meta Wolf AG auf die BaFin reagiert. Die BaFin hat ihr eine Frist gesetzt, um die Fehler zu korrigieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Sollte das Unternehmen seine Rechnungslegung nicht entsprechend anpassen oder sich kooperativ zeigen, könnte die BaFin weitergehende Maßnahmen ergreifen. Das könnte zum Beispiel die Verhängung von Bußgeldern oder auch die Aufforderung zur Überarbeitung des gesamten Jahresabschlusses und Lageberichts umfassen.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass die BaFin eine öffentliche Warnung oder sogar ein Prüfverfahren einleitet, falls das Unternehmen weiterhin gegen die Rechnungslegungsstandards verstößt. In jedem Fall ist zu erwarten, dass die BaFin weiterhin streng auf die Einhaltung der Rechnungslegungsstandards achten wird, um das Vertrauen der Investoren und die Integrität des Kapitalmarktes zu schützen.
Redaktion: Herr Iwanov, vielen Dank für Ihre fundierten Einschätzungen. Wir sind gespannt, wie sich die Angelegenheit rund um die Meta Wolf AG weiterentwickeln wird.
Micha Iwanov: Sehr gerne. Es bleibt auf jeden Fall ein interessantes Thema, das weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmensführung und die Kapitalmarktregulierung haben könnte. Vielen Dank für das Gespräch!
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