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Interview mit Rechtsanwalt Reime: „Identitätsdiebstahl im Finanzbereich ist kein Kavaliersdelikt“

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Frage: Herr Reime, die BaFin warnt vor der Website axessinvest.de, auf der offenbar ein Identitätsdiebstahl zulasten von MarketAxess vorliegt. Was bedeutet das konkret?

Rechtsanwalt Reime: In diesem Fall nutzen unbekannte Betreiber den Namen und die Seriosität der bei der BaFin registrierten MarketAxess NL B.V. aus, um den Eindruck eines regulierten Finanzdienstleisters zu erwecken. Die Realität ist aber: Die Seite axessinvest.de gehört nicht zur MarketAxess-Gruppe, und es handelt sich laut BaFin um einen klaren Identitätsmissbrauch. Solche Täuschungsmanöver sind strafbar und für Anleger besonders gefährlich.

Frage: Warum greifen Betrüger so oft auf identitätsnahe Domains und bestehende Firmennamen zurück?

Rechtsanwalt Reime: Weil damit Vertrauen suggeriert wird. Wenn ein Anleger glaubt, mit einer bekannten, registrierten Firma zu tun zu haben – zum Beispiel mit einer BaFin-lizenzierten Niederlassung in Frankfurt –, sinkt die Hemmschwelle, Geld zu investieren. Diese Masche nennt sich „Impersonation Fraud“ – also Identitätsbetrug – und ist ein beliebtes Mittel im Online-Anlagebetrug.

Frage: Welche Risiken bestehen für Anleger?

Rechtsanwalt Reime: Die Risiken sind erheblich. Wer über solche Seiten wie axessinvest.de investiert, landet meist in einem Betrugsnetzwerk, das weder reguliert noch erreichbar ist. Das Geld ist in vielen Fällen endgültig verloren. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass persönliche Daten missbraucht werden, etwa für weitere Betrugsversuche oder Identitätsdiebstahl gegen den Anleger selbst.

Frage: Gibt es typische Merkmale solcher Fake-Websites?

Rechtsanwalt Reime: Ja, mehrere:

  • Die Domain ähnelt stark bekannten Firmennamen.

  • Es wird auf eine angebliche Regulierung verwiesen – in diesem Fall auf eine tatsächliche BaFin-Lizenz.

  • Impressum oder Unternehmensangaben sind unklar, widersprüchlich oder gefälscht.

  • Der Kontakt erfolgt meist über E-Mail, Messenger oder Callcenter, nicht über geprüfte Unternehmenskanäle.

Frage: Wie können sich Anleger schützen?

Rechtsanwalt Reime: Erstens: Immer selbstständig prüfen, ob ein Anbieter tatsächlich in der BaFin-Unternehmensdatenbank geführt wird – und ob die dort angegebene Domain mit der genutzten Website übereinstimmt. Zweitens: Keine Zahlungen tätigen, solange Unsicherheit besteht. Und drittens: Bei Verdacht besser rechtliche Beratung einholen, bevor man überhaupt aktiv wird.

Frage: Was raten Sie Anlegern, die bereits mit axessinvest.de in Kontakt standen?

Rechtsanwalt Reime: Handeln Sie schnell:

  1. Zahlungen sofort stoppen

  2. Beweismaterial sichern – z. B. E-Mails, Überweisungsbelege, Screenshots

  3. Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft erstatten

  4. Den Vorfall der BaFin melden

  5. Im Einzelfall prüfen, ob ein Chargeback oder Rückholung von Geldern möglich ist – dabei unterstütze ich regelmäßig Mandanten

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Reime.

Rechtsanwalt Reime: Sehr gerne. Solche Fälle zeigen: Vertrauen darf nicht auf dem Webauftritt basieren, sondern auf Regulierung und Transparenz.

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