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Interview mit Rechtsanwalt Reime zur BaFin-Warnung vor stcwelt.com: Fehlende Erlaubnis, unklare Identität – ein typischer Fall illegaler Online-Finanzgeschäfte

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Redaktion: Herr Reime, die BaFin warnt aktuell vor der Plattform stcwelt.com, die offenbar ohne Genehmigung Finanz-, Wertpapier- und Kryptowerte-Dienstleistungen anbietet. Was fällt Ihnen an diesem Fall besonders auf?

RA Reime: Besonders auffällig ist die Kombination aus fehlender Erlaubnis, unklarer Identität und wechselnder Namensverwendung. Die Plattform tritt mal als „Stcwelt“, mal als „TradeHub“ auf, nennt keine Rechtsform und verweist auf eine Adresse in Singapur. Das ist ein typisches Muster bei nicht regulierten Online-Plattformen, die gezielt Anleger in der EU ansprechen – aber außerhalb der europäischen Rechtsdurchsetzung agieren.

Redaktion: Welche konkreten Vorschriften werden hier laut BaFin verletzt?

RA Reime: Die BaFin stützt sich auf zwei zentrale Vorschriften:
§ 37 Absatz 4 Kreditwesengesetz (KWG) – dieser untersagt das Anbieten von Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen ohne Erlaubnis.
§ 10 Absatz 7 Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KryptoMaAufsG) – dieser regelt die Zulassungspflicht für Kryptowerte-Dienstleistungen.
Beide Regelungen sollen den Schutz von Anlegern sicherstellen und den Markt vor unseriösen Anbietern abschirmen. Wer in Deutschland – oder an deutsche Anleger gerichtet – solche Dienste anbietet, braucht zwingend eine Zulassung der BaFin.

Redaktion: Warum ist die wechselnde Bezeichnung auf der Website problematisch?

RA Reime: Das ist ein klassisches Verschleierungsmuster. Wenn eine Plattform keinen klaren Betreiber benennt und sich an mehreren Stellen unter verschiedenen Namen präsentiert, soll damit Verantwortung und Haftung verwischt werden. Für geschädigte Anleger bedeutet das: Keine klare Adresse, keine Rechtsform, keine greifbare Person – also de facto keine rechtliche Durchsetzungsmöglichkeiten im Schadensfall.

Redaktion: Welche Risiken gehen Anleger konkret ein, wenn sie mit stcwelt.com zusammenarbeiten?

RA Reime: Die Risiken sind erheblich:
Totalverlust des investierten Kapitals,
Missbrauch persönlicher Daten,
– und unter Umständen sogar strafrechtliche Verwicklungen, wenn Gelder über dubiose Kanäle transferiert werden.
Oft gibt es keine Kundenbetreuung, keine Auszahlungsfunktion – und im schlimmsten Fall handelt es sich um ein reines Betrugsmodell.

Redaktion: Was raten Sie Anlegern, die bereits Kontakt zur Plattform hatten?

RA Reime: Sie sollten:

  1. Sofort die Kommunikation abbrechen,

  2. alle Unterlagen, Zahlungsbelege und Chatverläufe sichern,

  3. eine Strafanzeige bei der Polizei erstatten,

  4. und möglichst rasch anwaltlichen Rat einholen, um Rückforderungsmöglichkeiten – etwa über Banken oder Zahlungsdienstleister – zu prüfen.
    Zudem rate ich dringend davon ab, weitere Zahlungen zu leisten oder auf „Rückzahlungsversprechen“ einzugehen – diese sind oft Teil des Betrugsschemas.

Redaktion: Welche Schutzmaßnahmen können Anleger generell treffen?

RA Reime: Grundsätzlich sollte man nie bei einem Anbieter investieren, der keine Erlaubnis der BaFin besitzt. Die BaFin stellt eine öffentliche Unternehmensdatenbank bereit, die jederzeit überprüft werden kann. Außerdem gilt:
– Kein Impressum? Hände weg.
– Adresse außerhalb Europas? Misstrauisch werden.
– Wechselnde Firmennamen oder Domainverweise? Alarmstufe rot.
Und zuletzt: Niemand sollte glauben, mit wenigen Klicks und Versprechen von schnellen Gewinnen sichere Anlagen zu tätigen.

Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Reime.
RA Reime: Gern geschehen. Der Fall stcwelt.com steht exemplarisch für die vielen illegalen Online-Plattformen, die gezielt den deutschen Markt angreifen – mit verheerenden Folgen für unvorsichtige Anleger.

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