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Interview mit Rechtsanwalt Witt: „Flattich Finanz AG – BaFin greift durch wegen unerlaubter Anlageberatung“

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Frage: Herr Witt, die BaFin hat der Flattich Finanz AG aus der Schweiz mit Bescheid vom 2. Juni 2025 untersagt, weiterhin Anlagevermittlung und -beratung in Deutschland anzubieten. Was bedeutet diese Maßnahme konkret?

Rechtsanwalt Witt: Die BaFin hat hier eine unmittelbar vollziehbare Untersagungsverfügung erlassen, weil die Flattich Finanz AG ohne Erlaubnis in Deutschland Finanzdienstleistungen erbracht hat – insbesondere über ihre Website flattich-finanz.de. Die Maßnahme zielt darauf ab, den deutschen Markt sofort vor weiteren unerlaubten Angeboten zu schützen. Das ist ein klarer Eingriff in die Geschäftstätigkeit – aber ein notwendiger, wenn keine BaFin-Lizenz vorliegt.

Frage: Die Gesellschaft sitzt in der Schweiz. Gilt deutsches Recht in diesem Fall trotzdem?

Rechtsanwalt Witt: Ja – und das ist entscheidend. Sobald sich ein Anbieter an deutsche Anleger richtet, etwa durch eine deutschsprachige Website oder gezielte Werbung, unterliegt er dem deutschen Aufsichtsrecht. Der Sitz im Ausland schützt nicht vor einer BaFin-Anordnung. Das gilt sowohl für EU- als auch für Drittstaaten wie die Schweiz.

Frage: Was ist der Unterschied zwischen Anlageberatung und Anlagevermittlung – und warum braucht man dafür eine Erlaubnis?

Rechtsanwalt Witt: Anlageberatung meint die individuelle Empfehlung von Finanzprodukten, Anlagevermittlung die Herstellung eines Kontakts zu Anbietern von Finanzinstrumenten, etwa Banken oder Fonds. Beide Tätigkeiten sind in Deutschland erlaubnispflichtig. Diese Erlaubnis stellt sicher, dass Anbieter bestimmte fachliche, finanzielle und organisatorische Voraussetzungen erfüllen – und der Schutz der Anleger gewährleistet ist.

Frage: Die Verfügung ist „sofort vollziehbar“, aber noch nicht bestandskräftig. Was bedeutet das?

Rechtsanwalt Witt: Das bedeutet, dass die Maßnahme sofort umgesetzt werden muss, auch wenn das Unternehmen noch Rechtsmittel dagegen einlegen kann. Es kann also etwa gegen den Bescheid klagen. Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung bleibt die Untersagung jedoch in Kraft – und das ist für die Sicherheit der Anleger besonders wichtig.

Frage: Was bedeutet das für Personen, die bereits über flattich-finanz.de investiert haben?

Rechtsanwalt Witt: Diese Anleger sollten sehr genau prüfen, was ihnen vermittelt oder empfohlen wurde. Fehlende Erlaubnis kann ein starkes Indiz für einen Verstoß gegen Aufsichtsrecht sein – und daraus können sich zivilrechtliche Schadensersatzansprüche ergeben. Ich empfehle Betroffenen, sämtliche Unterlagen zu sichern und sich rechtlich beraten zu lassen, um mögliche Rückforderungen zu prüfen.

Frage: Was raten Sie Anlegern, die in Zukunft mit Anbietern außerhalb Deutschlands in Kontakt stehen?

Rechtsanwalt Witt: Grundsätzlich gilt: Auch ausländische Anbieter brauchen eine BaFin-Erlaubnis, wenn sie in Deutschland tätig sind. Anleger sollten immer zuerst in der BaFin-Unternehmensdatenbank nachsehen, ob ein Anbieter dort registriert ist. Fehlt dieser Eintrag, sollte man die Finger davon lassen – unabhängig vom Firmensitz oder professionellen Auftritt. Der schönste Prospekt ersetzt keine Regulierung.

Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Witt.

Rechtsanwalt Witt: Sehr gerne. Es ist gut, dass die BaFin in solchen Fällen konsequent handelt – denn der Schutz der Anleger steht hier im Vordergrund.

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