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Interview mit Thomas Bremer über BaFin-Warnungen, Online-Betrug und die Chancen, verlorenes Geld zurückzuerlangen

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Redaktion: Herr Bremer, die BaFin warnt mittlerweile fast täglich vor dubiosen Anbietern auf dem Finanzmarkt – zuletzt wieder mehrfach in nur einer Woche. Was beobachten Sie aktuell?

Thomas Bremer: Die Zahl dieser Warnungen ist tatsächlich erschreckend hoch. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Plattformen auftauchen, die mit gefälschten Lizenzen oder angeblichen Promi-Investments um Anleger werben. Viele davon sind sogenannte Clone-Firmen, also Kopien seriöser Anbieter, die mit täuschend echten Webseiten arbeiten. Es ist eine regelrechte Betrugsindustrie – professionell organisiert, technisch versiert, international vernetzt.


Redaktion: Was passiert, wenn jemand auf so eine Plattform hereingefallen ist – kann man das Geld zurückholen?

Thomas Bremer: Es kommt darauf an. Je schneller man reagiert, desto besser. Wenn Transaktionen über Zahlungsdienstleister noch nicht final abgewickelt sind, lässt sich manchmal etwas stoppen. In anderen Fällen kann man über Zivilklagen oder Strafanzeigen agieren. Aber: Es gibt keine Garantie, dass das Geld zurückkommt – vor allem, wenn es ins Ausland oder durch viele Hände gewandert ist.


Redaktion: Woran liegt das?

Thomas Bremer: Die Täter agieren oft über Strohleute – sogenannte Money Mules, die meist gar nicht wissen, wofür sie ihre Konten zur Verfügung stellen. Sie erhalten ein paar Hundert Euro und denken, sie helfen jemandem aus dem Ausland bei „technischen Schwierigkeiten“. In Wahrheit werden sie Teil einer Geldwäschekette. Und für die Ermittler wird es dadurch sehr schwer, die eigentlichen Drahtzieher zu fassen – geschweige denn, Geld einzufrieren.


Redaktion: Welche Rolle spielen dabei die BaFin-Warnungen?

Thomas Bremer: Die sind sehr wichtig – aber auch leider oft zu spät. Die BaFin warnt in der Regel erst dann, wenn bereits mehrere Geschädigte Meldung gemacht haben. Und dann ist das Geld meist schon weg. Die Warnung selbst hat keine rechtlichen Konsequenzen – sie soll vor allem weitere Anleger schützen. Rückholen kann die BaFin nichts – das muss über Anwälte, Strafverfolgung oder auch internationale Zusammenarbeit laufen.


Redaktion: Aus Ihrer Sicht: Lohnt sich das juristisch – also der Kampf ums eigene Geld?

Thomas Bremer: Ja, aber nur, wenn die Summe groß genug ist. Wer 10.000 Euro oder mehr verloren hat, sollte das prüfen lassen. Es gibt gute Kanzleien und auch Netzwerke, die mit Staatsanwaltschaften kooperieren. Aber wer bei einem angeblichen Promi-Trading auf Instagram 250 Euro verloren hat, sollte den Schaden als Lektion verbuchen. Das ist hart, aber realistisch. Der Aufwand, die Anwaltskosten, das Risiko – das steht in keinem Verhältnis.


Redaktion: Was raten Sie konkret Betroffenen?

Thomas Bremer: Erstens: Ruhe bewahren, aber schnell handeln. Alle Beweise sichern – E-Mails, Screenshots, Zahlungsbelege. Zweitens: Anzeige erstatten, sowohl bei der Polizei als auch bei der BaFin. Drittens: Nicht weiter zahlen! Viele Betrüger legen nach – unter dem Vorwand, man müsse „Steuern“ oder „Verwaltungskosten“ zahlen, um das Geld freizubekommen. Das ist fast immer der nächste Trick. Viertens: Sich beraten lassen, am besten bei einem spezialisierten Anwalt oder einer Verbraucherzentrale.


Redaktion: Und die gute Nachricht?

Thomas Bremer: Das Thema bekommt endlich mehr Aufmerksamkeit – und viele Menschen informieren sich inzwischen frühzeitig. Die Zahl der Warnmeldungen ist zwar hoch, aber das bedeutet auch, dass viele aufmerksamer geworden sind. Das ist wichtig, denn: Der beste Schutz ist Wissen. Und manchmal kann man mit rechtzeitigem Handeln wirklich noch etwas retten – das habe ich selbst mehrfach erlebt.


Redaktion: Herr Bremer, vielen Dank für Ihre klaren Worte!

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