Redaktion: Herr Iwanow, die BaFin warnt aktuell vor einer Vielzahl von Websites, die nahezu identisch aufgebaut sind und mit dem Versprechen „Verdienen Sie über €950 TÄGLICH“ werben. Was ist aus Ihrer Sicht das Hauptproblem an diesen Angeboten?
RA Iwanow: Das Hauptproblem ist die Kombination aus Täuschung, Illegalität und systematischer Irreführung. Die BaFin hat hier völlig zurecht eine deutliche Warnung ausgesprochen. Die Websites bieten nach ihrer Erkenntnis unerlaubt Kryptowerte-Dienstleistungen an – ohne jede behördliche Erlaubnis und Aufsicht. Gleichzeitig sprechen sie gezielt Menschen an, die auf der Suche nach schnellen Einnahmen sind. Das Ganze ist hochgradig unseriös und potenziell betrügerisch.
Redaktion: Warum sind gerade solche „950 € pro Tag“-Versprechen so gefährlich für Verbraucher?
RA Iwanow: Weil sie mit psychologischer Raffinesse arbeiten. Viele Menschen träumen von finanzieller Unabhängigkeit oder suchen einen Ausweg aus wirtschaftlicher Unsicherheit. Wenn dann ein scheinbar einfaches Online-Angebot einen vierstelligen Tagesverdienst verspricht, sinkt die Hemmschwelle. In Wahrheit handelt es sich aber um leere Versprechen, die dazu dienen, Geld oder persönliche Daten abzugreifen.
Redaktion: Die BaFin spricht von über 90 betroffenen Domains. Was sagt das über die Täterstruktur aus?
RA Iwanow: Das deutet stark auf eine professionell organisierte Tätergruppe hin, die mit automatisierten Methoden dutzende Klonseiten erstellt, um sich der Sperrung zu entziehen. Sobald eine Website gesperrt oder auffällig wird, geht die nächste online. Das ist ein klares Zeichen für ein Netzwerk mit hoher krimineller Energie, vermutlich mit internationalem Hintergrund. Es geht nicht um Einzelfälle, sondern um massenhaften digitalen Anlagebetrug.
Redaktion: Was fehlt diesen Seiten, was eine seriöse Plattform ausmachen würde?
RA Iwanow: Ganz grundsätzlich fehlt jede rechtliche Grundlage. Es gibt kein Impressum, keine Verantwortlichen, keine BaFin-Erlaubnis. Auch Transparenz, Risikohinweise oder ordentliche Geschäftsbedingungen sucht man vergeblich. Eine echte Kryptoplattform ist bei der BaFin registriert, nennt Ansprechpartner, bietet Kundenschutzmaßnahmen und wirbt nicht mit unrealistischen Gewinnen.
Redaktion: Welche rechtlichen Grundlagen greift die BaFin hier an?
RA Iwanow: Die BaFin stützt sich auf § 10 Absatz 7 des Kryptomärkteaufsichtsgesetzes. Dieser Paragraph stellt klar: Wer in Deutschland Kryptowerte-Dienstleistungen anbietet, braucht eine ausdrückliche Erlaubnis. Dazu zählen etwa Verwahrung, Handel, Vermittlung oder Beratung rund um Kryptowährungen. Ohne diese Erlaubnis ist das Angebot illegal – auch wenn die Website im Ausland gehostet ist.
Redaktion: Was raten Sie Menschen, die auf einer dieser Seiten bereits investiert haben?
RA Iwanow: Sie sollten umgehend alle Belege sichern – Screenshots, E-Mails, Transaktionen – und Anzeige bei der Polizei erstatten. Außerdem sollten sie ihre Bank oder Zahlungsdienstleister kontaktieren, um mögliche Rückbuchungen zu prüfen. Oftmals sind die Aussichten auf Rückgewinnung begrenzt, aber je schneller gehandelt wird, desto größer ist die Chance, zumindest weitere Schäden zu verhindern. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall empfehlenswert.
Redaktion: Wie schützt man sich generell vor solchen Angeboten?
RA Iwanow: Man sollte sich niemals von hohen Renditeversprechen blenden lassen. „Verdienen Sie 950 € täglich“ ist kein realistisches Geschäftsmodell – das ist ein Köder. Vor jeder Investition sollte geprüft werden, ob der Anbieter bei der BaFin registriert ist. Und: Wer eine Website ohne Impressum oder mit Sitz im Ausland entdeckt, sollte sofort misstrauisch werden. Eine gesunde Portion Skepsis schützt heute mehr denn je.
Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Iwanow.
RA Iwanow: Sehr gern. Solche Warnungen der BaFin sind wichtig – aber sie müssen auch gehört und ernst genommen werden. Nur so lassen sich finanzielle Schäden und persönliche Enttäuschungen vermeiden.
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