Redaktion: Herr Reime, die BaFin äußert den Verdacht, dass die Gallus Immobilien 3 GmbH & Co. KG Partizipationsscheine der AMAGVIK Int. AG ohne erforderlichen Prospekt öffentlich anbietet. Wie ist dieser Vorgang rechtlich einzuordnen?
RA Reime: Wenn sich der Verdacht bestätigt, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen das Kapitalmarktrecht vor. Das öffentliche Angebot von Wertpapieren ohne vorherige Prospektveröffentlichung ist in Deutschland grundsätzlich unzulässig – es sei denn, es greift eine gesetzlich definierte Ausnahme. Da die BaFin in diesem Fall ausdrücklich festhält, dass solche Ausnahmen nicht ersichtlich sind, ist die Rechtslage eindeutig: Es handelt sich um ein potenziell rechtswidriges Verhalten mit entsprechenden Sanktionen.
Redaktion: Warum ist der Prospekt für Anleger so wichtig?
RA Reime: Der Prospekt ist das zentrale Informationsinstrument für Investoren. Er enthält alle wesentlichen Angaben zur Kapitalanlage, zum Emittenten, zu den Risiken und zur Mittelverwendung. Die BaFin prüft in einem sogenannten Billigungsverfahren, ob der Prospekt vollständig, verständlich und widerspruchsfrei ist. Zwar prüft sie nicht die wirtschaftliche Tragfähigkeit oder die Seriosität des Produkts, aber sie sichert ein Mindestmaß an Transparenz. Fehlt dieser Prospekt, fehlt die rechtliche Grundlage für eine informierte Investitionsentscheidung.
Redaktion: Welche Folgen drohen dem Anbieter bei einem solchen Verstoß?
RA Reime: Die rechtlichen Konsequenzen sind erheblich. Nach § 24 Wertpapierprospektgesetz kann die BaFin Bußgelder von bis zu fünf Millionen Euro oder drei Prozent des Vorjahresumsatzes verhängen. Bei schwerwiegenden Verstößen kann auch das Zweifache des wirtschaftlichen Vorteils, der durch den Verstoß erzielt wurde, als Bemessungsgrundlage dienen. Darüber hinaus haften die Anbieter und Prospektverantwortlichen zivilrechtlich für Schäden, die Anleger erleiden – also etwa für Verluste aufgrund unzureichender oder fehlender Informationen.
Redaktion: Was bedeutet das konkret für Anlegerinnen und Anleger?
RA Reime: Wer bereits investiert hat, sollte sehr genau prüfen – idealerweise mit juristischer Unterstützung –, ob er Anspruch auf Schadensersatz oder Rückabwicklung hat. Denn das Angebot ohne Prospekt stellt eine Pflichtverletzung dar, auf die sich Anleger berufen können. Wer noch nicht investiert hat, sollte auf jeden Fall abwarten, ob ein ordnungsgemäßer Prospekt nachgereicht wird – und diesen sorgfältig prüfen.
Redaktion: Welche Rolle spielt in solchen Fällen die AMAGVIK Int. AG als Emittentin?
RA Reime: Auch die Emittentin steht in der Verantwortung. Wenn sie den Vertrieb ihrer Partizipationsscheine durch die Gallus Immobilien 3 GmbH & Co. KG duldet oder aktiv unterstützt, kann sie ebenfalls haftbar gemacht werden. Die BaFin nennt hier konkret Partizipationsscheine der AMAGVIK Int. AG – das heißt, es besteht auch für diese Gesellschaft ein erheblicher Klärungsbedarf, ob sie sich rechtstreu verhält oder gegen Offenlegungspflichten verstößt.
Redaktion: Wie können sich Anleger vor solchen Situationen schützen?
RA Reime: Anleger sollten grundsätzlich keine Wertpapiere erwerben, ohne zuvor den von der BaFin gebilligten Prospekt eingesehen zu haben. Die BaFin bietet dafür eine Datenbank für hinterlegte Prospekte. Wer dort nichts findet, sollte von einem Investment dringend absehen. Und: Hohe Renditeversprechen, fehlende Transparenz oder aggressive Vertriebsmodelle sind immer Warnzeichen.
Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Reime.
RA Reime: Gern geschehen. Der Fall zeigt wieder einmal, wie wichtig eine funktionierende Prospektaufsicht ist – und wie gefährlich es ist, wenn Anbieter versuchen, diese zu umgehen. Anleger sollten sich stets auf ihr Recht auf Information berufen – und nicht auf Werbebroschüren vertrauen.
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