Redaktion: Herr Reime, die BaFin warnt aktuell vor über 90 nahezu identischen Websites, die mit dem Versprechen eines täglichen Verdiensts von 500 bis 1.500 € werben. Was steckt rechtlich dahinter?
RA Reime: Die Warnung der BaFin zeigt einen besorgniserregenden Trend im Bereich unseriöser Online-Plattformen. Diese Seiten versprechen schnelles Geld, bieten aber in Wahrheit unerlaubt Kryptowerte-Dienstleistungen an – also Leistungen im Zusammenhang mit Kryptowährungen – ohne die notwendige Erlaubnis der BaFin. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Kryptomärkteaufsichtsgesetz, konkret § 10 Absatz 7. Rechtlich gesehen bewegen sich die Betreiber im illegalen Raum.
Redaktion: Warum sind gerade solche „Verdienstversprechen“ so gefährlich für Verbraucher?
RA Reime: Weil sie gezielt auf Menschen abzielen, die sich finanziell verbessern wollen – etwa in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Diese Versprechen von 500 bis 1.500 € pro Tag klingen für viele verlockend, sind aber schlicht unrealistisch. In der Regel steckt dahinter ein Schneeballsystem, Betrug oder schlicht Datensammlung für spätere Abzockversuche. Sobald Geld investiert oder personenbezogene Daten eingegeben werden, ist das Risiko hoch, dass die Nutzer betrogen werden – ohne jede Chance auf Rückgewinn.
Redaktion: Auffällig ist, dass keine dieser Seiten ein Impressum hat. Wie bewerten Sie das?
RA Reime: Das ist ein klares Alarmzeichen. In Deutschland besteht eine gesetzliche Impressumspflicht, insbesondere für kommerzielle Anbieter. Fehlt das Impressum, deutet das auf bewusste Verschleierung hin. Die Betreiber wollen nicht identifizierbar sein – vermutlich, weil sie wissen, dass ihre Angebote illegal sind. Für Nutzer bedeutet das: Im Schadensfall gibt es keinen greifbaren Ansprechpartner, keine rechtliche Grundlage für Rückforderungen.
Redaktion: Wie geht die BaFin in solchen Fällen typischerweise vor?
RA Reime: Die BaFin kann den Betrieb dieser Websites in Deutschland untersagen und öffentlich vor ihnen warnen – wie hier geschehen. In besonders schweren Fällen arbeitet sie mit Strafverfolgungsbehörden zusammen. Problematisch ist aber oft, dass die Betreiber im Ausland sitzen und über ständig wechselnde Domains arbeiten. Daher sind Prävention und frühzeitige Information für Verbraucher entscheidend.
Redaktion: Können Geschädigte rechtlich gegen solche Plattformen vorgehen?
RA Reime: In der Praxis ist das extrem schwierig. Selbst wenn man weiß, auf welcher Website man investiert hat, fehlt es an einer identifizierbaren Firma, einer Adresse, einem Rechtsvertreter. Internationale Zahlungswege, Wallets oder Kryptowährungen erschweren die Rückverfolgung zusätzlich. In Einzelfällen kann man über Strafanzeigen und internationale Ermittlungen etwas erreichen, aber in vielen Fällen ist das Geld verloren. Daher gilt: Besser vorher prüfen als nachher klagen.
Redaktion: Was empfehlen Sie konkret Anlegern oder Personen, die bereits auf eine dieser Seiten hereingefallen sind?
RA Reime: Zuerst: Ruhe bewahren und keine weiteren Zahlungen leisten. Dann sollten alle Beweise gesichert werden – Screenshots, E-Mails, Transaktionsdaten. Im Anschluss sollte Anzeige bei der Polizei erstattet und die eigene Bank oder Kreditkartenfirma informiert werden. Parallel dazu ist anwaltlicher Rat wichtig, um zu prüfen, ob zivilrechtliche Schritte oder internationale Rechtsverfolgung möglich sind.
Redaktion: Wie kann man sich im Vorfeld besser schützen?
RA Reime: Grundregel: Niemand zahlt einem Fremden täglich 500 € einfach so aus. Wenn eine Website hohe Renditen mit geringem Einsatz verspricht, ohne Lizenz, ohne Impressum – Finger weg. Man sollte immer prüfen, ob der Anbieter bei der BaFin registriert ist, und bei Unsicherheiten eine seriöse Finanzberatung oder juristische Einschätzung einholen. Auch die BaFin selbst bietet mit ihrer Unternehmensdatenbank eine gute erste Prüfmöglichkeit.
Redaktion: Vielen Dank, Herr Reime, für diese klare Analyse.
RA Reime: Gern. Die Flut solcher betrügerischen Plattformen zeigt, dass Aufklärung und Vorsicht wichtiger sind denn je. Anleger sollten wissen: Je schneller der Gewinn versprochen wird, desto größer ist meist der Verlust.
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